Kriegsvorbereitende Propaganda – Das Buch „Der Krieg vor dem Krieg“

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Nach dem Bestseller „Lückenpresse“ das neue Buch von Ulrich Teusch

Als Ulrich Teusch 2016 in seinem von der Friedrich-Ebert-Stiftung  als „politisches Buch des Jahres 2017“ empfohlenen  Sachbuch „Lückenpresse“ mit Bezug auf Karl Kraus davon schrieb, der Erste Weltkrieg sei nicht „ausgebrochen“, sondern von Menschen mit bestimmten Interessen begonnen worden, gab er sich womöglich die Richtung für sein 3 Jahre darauf folgendes Buch „Der Krieg vor dem Krieg“ vor.

Mit der zielsetzenden Frage „Wie Propaganda über Leben und Tod entscheidet“, so der Untertitel seines im April 2019 erschienen Buches, untersucht Teusch unter anderem den medialen Vorlauf, mit dem „Medien den äußeren und inneren Frieden aufs Spiel setzen“.

Als Leser erfährt man etwas über „erfundene“, „gesteuerte“ oder einem unter einer schier unerschöpflichen Namensvielfalt in unterschiedlichen Medien Propaganda absondernden Journalisten. Nicht selten im Auftrag diverser „Public Affairs“ Vorgaben des Pentagon. Euphemistisch von Propaganda in „strategische Kommunikation“ umgewidmet.

Teusch beleuchtet und benennt aber auch die „Orwell´schen Gedächtnislöcher“ mit denen durch Geschichtsklitterung versucht wird, historische Ereignisse an die wir uns eigentlich noch erinnern könnten, politisch motiviert verschwinden zu lassen, damit sie dem kollektiven Gedächtnis entrinnen.

(Anmerkung: Gut erkennbar an der -nach Drucklegung dieses Buches beginnenden-  medialen Aufarbeitung des Krieges im ehemaligen Jugoslawien. Diese  „humanitäre Intervention“ begann „ mit einer Lüge“ und wurde jetzt anlässlich des 20. Jahrestages von den Medien mehr als irritierend gehirngewaschen nacherzählt)

 Anhand der auch im Buch angeführten 10 Beispiele der von Arthur Ponsonby formulierten Prinzipien der Kriegspropaganda geht Teusch in den 224 Seiten seines Buches der Frage nach, von welchen wahren Interessen die „Kriegsverkäufer“ in Politik, Wirtschaft, Militär und Medien angetrieben werden. Und wie es sein kann, dass der Krieg vor dem Krieg selbst von Menschen die Kriege verabscheuen, als „humanitäre Alternative zum echten Krieg betrachtet“ wird.

Bei seinen „Erkundungen im medialen Abgrund“, die ihn beginnend beim Ersten Weltkrieg zum alten und neuen kalten Krieg und den „Massentäuschungswaffen und Massenzerstreuungswaffen“ führen, kommt Teusch zu dem Schluss, dass Medien im Zweifelsfall  „als Kriegsmedien, nicht als Friedensmedien“ agieren. Sie haben sich einem System verschrieben.

Ein System, das nicht von der Sicherheitslage oder realexistierenden Bedrohungen, sondern von Profitinteressen derer angetrieben wird, die daran beteiligt sind. „Das Gerede von Bedrohung ist weitgehens Propaganda; sie wird nachgereicht, um gegenüber der Öffentlichkeit zu rechtfertigen, was aus ganz anderen Gründen (und sowieso) geschieht“.

Doch das System befindet sich in einer Krise. Ihr „propagandistischer Amoklauf .. läuft immer öfter ins Leere“. Man durchschaut, nicht zuletzt wegen dieses Buches die Propaganda. Sie ist „ungeachtet ihrer ohrenbetäubenden Lautstärke derartig überdreht, maßlos“ und „von solch idiotischer Besessenheit, dass sie immer weniger Menschen hinter dem Ofen hervorlockt“.

Und obwohl Ulrich Teusch am Ende sein eigenes Buch mit der resignativen Einschätzung in Frage zu stellen scheint, es sei „pure Zeitverschwendung, wenn rationale Kritiker diesem politischen Schmierentheater, jedem neuen Täuschungsmanöver mit sachlichen Argumenten beizukommen versuchen“, bietet gerade dieses Buch Aufschluss darüber, eine über erkannte Propaganda hinausgehende Entwicklung zu verhindern.

Denn die immer öfter erkannte „Lächerlichkeit des Schauspiels“ und der darin offensichtlich zu erkennende Panikmodus der propagandistisch Agierenden birgt auch Gefahren. Sollte die Bevölkerung darüber „ungehalten, widerspenstig und ungehorsam werden“ erinnert Teusch an eine Mahnung des amerikanischen Politikwissenschaftlers Sheldon Wolin, „sollte die Systemfrage auf die Tagesordnung kommen, dann werden die Masken fallen“. Dann werden die Eliten „zu genau jenen Mitteln greifen, die wir aus dem klassischen Totalitarismus kennen“. Dann würde sich die Aggressivität des Staates „die das Außenverhalten des Staates schon seit langem kennzeichnet, nach innen kehren“.

Ulrich Teusch -„Der Krieg vor dem Krieg“ – Wie Propaganda über Leben und Tod entscheidet. WESTEND Verlag, 224 Seiten, Klappenbroschur, 18,- €

AUFGEMERKT: HIER eine um Klassen bessere, auch ausführlichere Buchbesprechung von Paul Schreyer (Zuletzt veröffentlicht „Die Angst der Eliten – Wer fürchtet die Demokratie?“)

Über Bernd Schuhböck

Nicht nach heutigen, jedoch nach den Maßstäben der Ära Willy Brandt politisch eher linksliberal. Wer ihn missverstehen möchte, nennt ihn einen Sozialromantiker. Wer ihn kennt, wertkonservativ und mit zu viel Ethos für einen Bayer. Der Mann für´s kommunale, soziale oder sonstwie politische. Oder für Themen, für die sich keiner fand, der sie aufgreifen wollte.

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